Essig
Die Essigherstellung in ihren Anfängen hat die Anmutung eines mehr oder weniger zufälligen Prozesses: So ließ man Wein in halbgefüllten Tonkrügen oder Ziegenschläuchen – seit dem Mittelalter auch in Fässern – bei warmen Temperaturen stehen, bis er sauer geworden war. Auch wenn Alchimisten bereits im 8. Jahrhundert Versuche unternahmen, Essig zu reinigen und zu konzentrieren, wurde das komplizierte Zusammenspiel zwischen Alkohol, Sauerstoff und Essigsäure erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entschlüsselt. Dass die Essiggärungserreger Bakterien sind, wurde erst 1873 festgestellt, was einer grundlegenden Erkenntnis den Weg bereitete, die Wüstenfeld wie folgt formuliert:„Diese unumstößlichen biologischen Tatsachen geben uns das Recht, den Gärungsessig als ein echtes Stoffwechselprodukt der lebenden Zelle zu bezeichnen und daher […] als ein natürliches Produkt anzusprechen, da sich eben der biologische Prozess der Säurebildung nicht außerhalb der lebenden Zelle und unabhängig von ihr verwirklichen lässt.“
Die unterschiedlichen Verfahren der Essigherstellung – von den „Orleans-Bildnern“ bis hin zum Submers-Verfahren – hat die Essigindustrie stetig weiterentwickelt und perfektioniert; dem Zufall muss heute nichts mehr überlassen werden. Dem Verbraucher bietet sich am Markt eine Vielfalt an unterschiedlichen Essigen, die für jeden Geschmack etwas bietet. Klassiker in der Küche sind die Wein- und Branntweinessige sowie die so genannten Ansatzessige, die z.B. mit Kräutern verfeinert werden. Eine besondere Bedeutung haben Balsamico-Essige erlangt, die sich bei Verbrauchern großer Beliebtheit erfreuen und seit Jahrzehnten auch in Deutschland hergestellt werden.
Begleitet wurde die Essigindustrie seit jeher von einer aktiven Interessenvertretung, die auf den Verband deutscher Essigfabrikanten zurückgeht, der 1894 in Leipzig gegründet wurde. Im Jahr 1949 erfolgte die Neugründung als Verband der deutschen Essigindustrie, der 1999 mit dem Verband der deutschen Senfindustrie und im Jahr 2009 mit den Verbänden der Feinkost- und der Suppenindustrie zu Kulinaria Deutschland verschmolzen wurde, der heutigen Vertretung der industriellen Hersteller von Gärungsessig. Spezielle Sachthemen werden im Wissenschaftlichen Ausschuss (WISSA) erörtert.
Die Qualitätsanforderungen für Essig sind im Wesentlichen zwei Regelungswerken zu entnehmen: